NORDSPANIEN

Es lebt sich gut im Baskenland

San Sebastián ist zu Recht stolz auf seinen sauberen Sandstrand.

Viel gibt es zu geniessen in dieser nordspanischen Provinz: Attraktive Städte, saubere Sandstrände, spektakuläre Steilküsten und ein grünes Hügelland. Nicht zu vergessen die exquisite Küche und das reichhaltige Kulturprogramm.

Majestätisch steht Maria Cristina auf ihrem Denkmalsockel im Park am Meer: Zu Beginn des 20. Jahrhunderts pflegte die spanische Königin den Sommer an der kühlen Nordküste zu verbringen und zog damit den europäischen Adel nach San Sebastián. Noch heute trägt das luxuriöseste der Jugendstilhotels ihren Namen. Das Spielcasino ist in einen kühnen Neubau umgezogen, und am anderen Ende der Promenade steht in der Wellengischt Eduardo Chillidas eindrückliche moderne Eisenplastik «Kamm des Windes».

Flanieren in San Sebastián
Zwischen altem und neuem Glanz liegt, von zwei Hügeln begrenzt, die weite, muschelförmige Bucht La Concha mit goldenem Sand und sauberem, im Sommer angenehm temperiertem Wasser. Weltreisende sagen, dieser Stadtstrand sei schöner als die Copacabana von Rio – und garantiert sicherer. Weiter östlich locken die imposanten Wellen der offenen «Playa Zurriola» die Surfer. Hier gibt es während des Jazzfestivals «Jazzaldia» vom 21. bis 25. Juli allabendlich Gratiskonzerte.

Alter Reichtum und junges Leben prägen Donostia, wie San Sebastián mit seinen 185 000 Einwohnern auf Baskisch heisst. Hier mischt sich elegantes Bürgertum mit einer internationalen Studentenschaft, und trotz der sommerlichen Touristenscharen behält die Stadt ihre stolze Eigenständigkeit.

Der grosse geschützte Hafen machte sie seit dem Mittelalter, vor allem aber nach der Entdeckung Amerikas, zu einem bedeutenden Handelsplatz. Als umkämpfte Festung nahe der französischen Grenze wurde sie aber immer wieder zerstört. Stehen blieben einzig eine Kirche und die Burg auf dem Monte Urgull, in der ein neu eingerichtetes Museum die Stadtgeschichte erzählt.

Schlemmen auf dem Markt
Anstelle der alten Mauern erstreckt sich heute ein breiter Boulevard, wo man im Baumschatten flaniert oder in einem Café der Strassenkunst zusieht. Dahinter drängen sich in den Altstadtgässchen die Bars und Restaurants. Zwar klagt man auch hier über die Krise und hat leider den wunderbaren Skulpturenpark Chillida Leku weggespart. Dabei erscheint das stark industrialisierte Baskenland doch weniger betroffen als das übrige Land.

Am Geld zum gemeinsamen Essen und Trinken scheint es jedenfalls nie zu fehlen. Schliesslich gilt die baskische Küche als die beste Spaniens: San Sebastián allein brüstet sich mit mehr Michelin-Sternen als Paris! Allerdings muss tief in die Tasche langen, wer bei den grossen Chefs speisen will. Weniger Begüterte erfreuen sich an den «pinchos», wie die «tapas» hier heissen: auf geröstete Brotscheiben gehäufte Köstlichkeiten. Dazu trinkt man einen Schluck Rioja, heimischen Apfelwein oder ein Viertelglas Bier, und schon geht es weiter zur nächsten Bar, wo man anderen Freunden begegnet – ein abendfüllendes Vergnügen.

Mit der Qualität der regionalen Produkte wird ein wahrer Kult betrieben. Auf dem grossen Bauernmarkt von Tolosa im Hinterland etwa darf man zahlreiche Spezialitäten versuchen: Käse, Schinken, Würste, Honig, Gebackenes und Eingemachtes.

Wandern an der Steilküste
Man trennt sich nicht leicht von San Sebastián, will noch das fantastische Aquarium sehen. Doch es locken die grünen Hügel des Hinterlandes mit ihren Wanderwegen und Bike-Trails. Lohnend ist auch eine Wanderung über die Klippen der spektakulären Steilküste von Zumaia, mit anschliessendem Bad in der geschützten Bucht und einem Fischessen am Hafen.
Allerdings liegen dort wesentlich mehr Jachten vor Anker als Fischerboote; denn auch hier ist der Fang durch die Übernutzung stark zurückgegangen. Man erwarte keine Idylle: Rund um die herausgeputzten kleinen Häfen stehen charakterlose Wohnblöcke, und in den Flusstälern reihen sich die Fabriken.

Feiern mit den Patrioten
Bilbao (350 000 Einwohner) allerdings war vor zwanzig Jahren alles andere als reich: Nach dem Niedergang der Schwerindustrie gab es kaum einen tristeren Ort. Mit der Eröffnung des Museo Guggenheim begann 1997 die Wende, und heute wirkt die grösste Stadt des Baskenlandes attraktiv lebendig. Dabei ist Frank Gehrys berühmtes Museum umstritten: Von aussen begeistern die kühnen Linien und die schimmernde Oberfläche, innen erschlägt die Architektur die Kunst.

Viel bescheidener, aber eindrücklich ist das Museo de la Paz in Guernica (15 000 Einwohner). Es erinnert an die Zerstörung der Stadt im spanischen Bürgerkrieg durch Hitlers Luftwaffe, von Picasso in seinem berühmtesten Gemälde verewigt. Ein weiteres Museum zeugt vom Stolz der Basken auf ihre Kultur und ihre uralte Sprache.

Obwohl die Region weitgehende Autonomie geniesst, äussert sich der Wunsch nach Unabhängigkeit immer wieder, vor allem bei Volksfesten. Nach dem WM-Sieg der spanischen Fussballnationalmannschaft hörte man im Baskenland bloss: «Was geht uns das an, wir sind keine Spanier!» Doch vom blutigen Terror der baskischen Untergrundorganisation ETA haben die Menschen genug, sie wollen in Ruhe arbeiten und das Leben geniessen. Was sie ausgezeichnet verstehen.

Marie-Louise Zimmermann
(Erschienen in der Berner Zeitung vom 1.7.2011)

Die Basken lassen sich durch Regen nicht vom Feiern abhalten. (Fotos: mlz)

Tipps & Infos
Transport: Günstigste Anreise mit Easyjet von Genf nach Biarritz, dann französische Bahn bis Hendaye und spanische Schmalspurbahn Euscotrain nach San Sebastián. Gutes Bahn- und Busnetz im ganzen Baskenland.
Unterkunft: Viele Hotels und Pensionen aller Klassen. Im Sommer unbedingt im Voraus buchen!
Kurse: Die Sprachschule Lacunza in San Sebastián bietet neben Spanischunterricht auf allen Stufen auch Kochkurse mit einem renommierten Chef: jede zweite Woche Dienstag bis Freitag, 16.30 Uhr bis 18.30. www.lacunza.com