ECUADOR

Die Dschungelhotels des Don Beni


Das Dschungelhotel Sacha Lodge mitten im amazonischen Regenwald. Foto: mlz

Es ist eine Schweizer Tellerwäschergeschichte: Als junger Schneider zog Beni Ammeter nach Südamerika, handelte mit Gold und Coca Cola und schuf im Amazonas zwei der besten Hotels Ecuadors. Heute lebt der Siebzigjährige in Hünibach, zu Recht stolz auf sein Lebenswerk.

„La Casa del Suizo“ heisst ein Hotel im abgelegenen Nordosten Ecuadors. Das macht neugierig – und die Entdeckung lohnt sich: Die grosszügige Anlage in einem üppig blühenden Garten hoch über dem Fluss gehört zu den schönsten des Landes. Doch bis zum Hotelbesitzer war es ein langer Weg für den heute siebzigjährigen Beni Ammeter, Zürcher mit Berner Heimatort:
Als Heimzögling wurde er in eine Schneiderlehre gezwungen, die er dank einem guten Lehrmeister sogar bestand. Doch dann wanderte er aus nach Chile und zog weiter nach Bolivien, Peru und Ecuador. Anfänglich arbeitete in einer Textilfabrik, später bei einem Goldhändler, dessen Geschäft er schliesslich übernehmen konnte.

Der Flusstransporteur
Er erinnert sich: „Beim Gold waschen und raffinieren verliebte ich mich in den Urwald und kaufte eine halbe Hektare Land am Rio Napo, einem Nebenfluss des Amazonas.“ 1985 baute er dort ein einfaches kleines Hotel, das er mit seiner peruanischen Frau und den beiden Töchtern betrieb. Ein Rucksackführer empfahl das „Haus des Schweizers“, und der Name blieb.
Als ein Erdbeben die einzige Schotterstrasse zerstörte und den ganzen Verkehr auf den Fluss zwang, erkannte der gewiefte Geschäftsmann seine Chance: Er investierte in Kanus und transportierte Nahrungsmittel, Benzin und Ersatzteile, dann als Alleinvertreter auch Coca Cola. Diese Einkünfte ermöglichten ihm einen ersten Ausbau seines Hotels. Heute hat es 120 Zimmer in schönen Bungalows aus einheimischem Holz und einem vor allem bei einheimischen Familien sehr beliebten grossen Pool.
Doch mit dem Bau einer neuen Verbindungsstrasse veränderte sich die Gegend, viel Urwald verschwand. Zwar gehört zur „Casa del Suizo“ noch immer ein grosses Reservat, unterstützt von der Schweizer Stiftung “Selva Viva“. Trotzdem suchte „Don Beni“ ein neues Stück unberührte Natur – und nach zwei Jahren fand er sein Paradies.

Der Hotelbesitzer
1989 wurde das Dschungelhotel „Sacha Lodge“ eröffnet, 200 km flussabwärts an einem idyllischen See gelegen. Zwischen riesigen, mit Farnen, Lianen, Bromelien und Orchideen bewachsenen Bäumen verstecken sich heute 26 rustikale Bungalows für 52 Gäste. Den 2’000 Hektar umfassenden, geschützten Primärwald kann man auf vielerlei Pfaden erkunden. Oder man lässt sich auf schmalen Kanälen durchs Dickicht paddeln – so lautlos, dass man fischende Eisvögel, einen Kaiman und mit Glück sogar eine Riesenschlange überraschen kann.
Und frühmorgens schaut man von einer zwischen drei Türmen aufgespannten langen Hängebrücke gut dreissig Meter über dem Boden dem Urwald beim Erwachen zu: Da klettert etwa eine Familie Brüllaffen auf den höchsten Wipfel, um sich in den ersten Sonnenstrahlen zu wärmen. In einem andern Baumriesen bauen Webervögel ihre kunstvollen Hängenester und naschen an den roten Blüten. Mehrfarbige Tukane mit überdimensionierten Schnäbeln fliegen vorbei, rotköpfige Spechte trommeln, ein dunkler Greifvogel kreist auf Futtersuche. Und rundum flitzen bunte Kleinvögel durchs Geäst, von unserem einheimischen Führer kenntnisreich benannt.
Leichter zu beobachten vom Boot aus sind die grün-blauen Papageien, die sich zu hunderten am steilen Flussufer sammeln, um vom mineralhaltigen Lehm zu fressen. Und ganz aus der Nähe kann man metallisch schimmernde Kolibris bewundern oder die Farbenpracht im Schmetterlingsgarten. Nach dem Abendessen dann geht es auf Pirsch nach Nachtfaltern im Lampenlicht und winzigen Fröschen, die mit grellen Farben vor ihrer Giftigkeit warnen.

Der Rückkehrer
Billig zu haben sind solche Erlebnisse nicht, denn die aufwendige Infrastruktur für das abgelegen im Dschungel gelegene Hotel kostet: Zwar wird so viel wie möglich lokal eingekauft, doch der meiste Nachschub kommt von weit her per Lastwagen, Boot und Handkarren. Rund 300 Angestellte beschäftigen die beiden Schwiegersöhne von Beni Ammeter, die zusätzlich ein Hotel ein Quito führen.
Ihnen hat er vor einem Jahr den Betrieb übergeben und ist zusammen mit seiner Frau Patricia in die Heimat zurückgekehrt. Vermisst er den Urwald nicht? Als Antwort zeigt er auf die Pracht der Schneeberge vor dem Terrassenfenster seines schönen neuen Hauses in Hünibach. Trotzdem reist er regelmässig zu Besuch an den Rio Napo, wo jeder „Don Beni“ kennt. Und viel Gutes über den alten Patron zu erzählen weiss.


Farbenpracht im hoteleigenen Schmetterlingsgarten. Foto: mlz

Links
www.lacasadelsuizo.com
www.sachalodge.com

Marie-Louise Zimmermann
(Erschienen in der Berner Zeitung vom 16.9.2011)