Das intakte, stille Dörfchen Vna liegt 1630 m hoch am Südhang des Unterengadins mit weiter Sicht auf das Inntal und die Südalpen. Hier gibt es seit Mai dieses Jahres ein ungewöhnliches Hotel mit dem lustigem Namen „Piz Tschütta“. Dazu wurde ein seit langem verlassener Gasthof, ursprünglich ein Bauernhaus mit angebautem Heustadel, sehr schön umgebaut. Erhalten geblieben sind zwei getäferte Gaststuben mit Steinöfen und die alten Riemenböden, während ins historische Mauer- und Holzwerk zehn schlichte und moderne Zimmer geschickt integriert wurden. In einigen davon geht nun der Blick vom Bett aus durch eine Glaswand auf jahrhundertealte Balken.
Nachahmenswert ist aber vor allem die Idee, das ganze Dorf einzubeziehen: Die Gäste können auch in einem von acht Privathäusern ein Zimmer oder eine Wohnung wählen, die Mahlzeiten aber im Hotel einnehmen. Das empfiehlt sich, denn die Küche auf der Basis einheimischer Produkte ist ausgesprochen gut, bietet neben bodenständigen Spezialitäten auch feine, leichte Gerichte.
Vna zählt nur siebzig, vorwiegend ältere Einwohner und ist, wie viele Bergdörfer ausserhalb der Tourismuszentren, von Abwanderung bedroht. Doch der Plan eines auswärtigen Unternehmens, an Stelle des alten Dorfgasthauses einen Luxuskasten hinzustellen, stiess auf grossen Widerstand. Das war der Moment für den Architekten und Bildhauer Christof Rösch aus Sent, zusammen mit seinem Basler Kollegen Rolf Furrer die «Fundaziun Piz Tschütta» zu gründen. Der Stiftung gelang es trotz der grossen Skepsis vieler Einheimischer, mit Hilfe von öffentlichen und privaten Spenden das interessante und nachahmenswerte Alternativprojekt zu realisieren. Angelaufen ist mittlerweile auch ein Kulturbetrieb mit öffentlichen Veranstaltungen.
Aber der Hauptgrund hierherzukommen: Vna liegt in einem herrlichen, nicht überlaufenen Wandergebiet mit je nach Saison blühenden Sommerwiesen, goldenen Herbstwäldern oder besonnten Schneehängen.
Marie-Louise Zimmermann
Hotel Piz Tschütta, Vna (081 8601212, www.hotelvna.ch).
Preise: Pro Person ab 96 Franken im Doppelzimmer im Hotel, um 70 Franken in einem Doppelzimmer im Dorf, beides inklusive Frühstücksbuffet. Zuschlag für Halbpension 30 Franken. Mitte November bis Mitte Dezember geschlossen. Anreise: Bahn nach Scuol, von dort mit dem Postauto nach Vna.
Marie-Louise Zimmermann
(Erschienen in der Berner Zeitung vom 3.7.2009)