VIA SURPRISE

Auf Pilgerspuren durch den Jura

Spazierweg in der Veranaschlucht. Kanton Solothurn
Kinder fasziniert die besondere Atmosphäre der Verenaschlucht. (zvg/Nadja Frey)

Die Klostertour auf dem neuen Weitwanderweg Via Surprise führt  in sechs Tagen von Solothurn nach Basel. Dank gutem öffentlichem Verkehr lässt sie sich auch familientauglich abkürzen. Für nicht kirchlich aufwachsende Kinder sind die katholischen Kultstätten ein Erlebnis.

Man muss sich nicht auf dem Jakobsweg durch die spanische Hitze quälen und mit hundert andern Pilgernden um einen überteuerten Schlafplatz streiten. Angenehmer und trotzdem recht sportlich wandert man auf Pilgerspuren durch die einsamen Wälder des Solothurner und Baselbieter Jura und übernachtet in stimmungsvollen Klöstern oder komfortablen Gasthäusern.

Aussichtsreiche Höhen
Allemal schöner als die Wahlfahrtskirche in Santiago de Compostela ist die Kathedrale von Solothurn, Ausgangspunkt der Themenwanderung zu katholischen Heiligtümern. Die Kinder werden ganz stumm in dieser weiss-bunt-goldenen Barockpracht. Noch mehr beeindruckt sie die freundliche Einsiedlerin in der Verenaschlucht. Dagegen finden sie es abwegig, sich zu Fuss auf den Weissenstein zu mühen, wenn man doch hinauffahren kann.
Also wandern wir erst durch Quartierstrassen, dann dem Waldrand entlang zur Talstation der neuen Gondelbahn. Die Aussicht vom Weissenstein ist überwältigend, mit Hilfe der Panoramakarte könnte man die Alpengipfel identifizieren. Doch die kleinen Wanderer fragen nach einer Glace und dem Spielplatz. Den recht steilen Abstieg nach Welschenrohr bewältigen sie nachher problemlos.
Um die nächste Tagesetappe ebenfalls zu entschärfen, fahren wir im Postauto nach Balsthal  (Schwimmbad!) und am nächsten Morgen auf den Passwang. Nachdem sie ihn mit dem Aufstieg auf den Passwanggipfel verdient haben, schätzen auch die Kinder den Rundblick von den Alpen bis zum Schwarzwald. Dann geht über den Vogelberg durchs abgeschiedene Bogental hinunter ins Tal der Lüssel und von Neuhüsli im Postauto zum idyllischen Kloster Beinwil.

Eindrückliche Klosteratmosphäre
Ums Jahr 1000 liessen sich Benediktiner Mönche an diesem abgelegenen Ort nieder, zügelten aber im 17. Jahrhundert nach Mariastein. Heute dient die stimmungsvolle Gebäudegruppe als oekumenische Begegnungsstätte: doch die Atmosphäre mit den Andachten in der sorgfältig restaurierten Kirche und dem stillen Garten ist klösterlich geblieben. Die schlichte Unterkunft im Gästehaus steht auch Wanderern offen.
Nach dem Frühstück bringt uns das Postauto nach Breitenbach zum Einstieg ins Chaltbrunnental: für die Kinder einhellig die beste Etappe dieser Wandertour. Denn hier kann man im Bächlein planschen und die prähistorischen Höhlen in den imposanten Felswänden erkunden. Ueber ihre Entstehung und  Urgeschichte würde am Talausgang der Karstlehrpfad nach Laufen orientieren. Doch wir haben so lange am Wasser getrödelt, dass wir von Grellingen den Zug nehmen ins historische Städtchen Laufen.

Blumenwiesen und Marienwunder
Am nächsten Morgen erspart uns einmal mehr das Postauto das erste Steilstück. Vom aussichtsreichen Dorf Blauen steigt dann der Weg entlang dem Naturreservat Blauenweide sanft hinan. Schmetterlinge gaukeln über den blühenden Magerwiesen, Grillen zirpen und es duftet nach Wildrosen. Nach einer Rast im Gasthaus Beergmattenhof geht es im Waldschatten hinauf zum Metzlerenkreuz und hinunter nach Mariastein.
Scharen von Gläubigen, darunter viele tamilischer Herkunft, füllen die lichte Barockkirche im zweitgrössten Wallfahrtsort der Schweiz. Doch noch mehr beeindruckt die Kinder die Gnadenkappelle in der schummrigen Höhle mit der Geschichte vom Hirtenbuben, den Maria hier vor einem tödlichen Sturz gerettet habe. Und sie versuchen, die vielsprachigen Votivtafeln mit Danksagungen für wunderbare Rettungen aller Art zu entziffern.
Hier könnte man in der Pilgerherberge oder in der JH auf Burg Rotberg übernachten und in zwei Tagen nach Basel wandern mit einer weiteren Klosterübernachtung in Dornach. Doch der Bedarf der Kinder nach Heiligtümern ist vorerst gestillt. Auf der Heimfahrt diskutieren sie aber über die Möglichkeit von Wundern, wobei die skeptischen Stimmen überwiegen. Sie alle werden aber das Erlebnis einer für sie fremden religiösen Kultur nicht so schnell vergessen.

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Die idyllische Klosteranlage Beinwil mit Gästehaus. (zvg/Via Surprise)

 Weitwanderweg Via Surprise
„Ich habe alle lohnenden Punkte dieser Gegend auf einer grossen Wandkarte eingezeichnet, und ihre Verbindung ergab einen Kreis“, sagt Hans Weber. Der ehemalige Geschäftsführer des Naturparks Thal hat im Auftrag der Solothurner und Baselländer Tourismusorganisationen eine siebentägige Rundroute  konzipiert mit Wanderzubringern aus den Städten Solothurn, Olten, Liestal und Basel.
Via Surprise hat er sie genannt, weil es in der wenig begangenen Juralandschaft viel zu entdecken gibt: Spektakuläre Weitblicke und romantische Tälchen, urwüchsige Wälder und blühende Magerwiesen, katholische Heiligtümer und mythische Kraftorte, ungewöhnliche Industriemuseen und gemütliche Gasthäuser.
Wer nicht tagelang unterwegs sein will, kann mit Hilfe der informationsreichen Website problemlos kürzere Wanderungen zusammenstellen. Ausserdem bietet SwissTrails ungeführte Thementouren zu Klöstern, Kraftorten oder Industriegeschichte mit Uebernachtung, Gepäcktransport und Informaterial. www.viasurprise.ch; www.swisstrails.ch.

Gut zu wissen

Klostertour für Ausdauernde (6 Tage à 4-7 Std. Marsch):
1.Tag: Solothurn – Weissenstein – Welschenrohr.
2. Tag: Hohe Winde – Beinwil.
3. Tag: Meltingerberg – Chaltbrunnental – Laufen.
4. Tag  Zwingen –  Metzerlenkreuz – Mariastein.
5. Tag: Blauen – Aesch – Dornach.
6. Tag: Arlesheim – Basel.
Klostertour für Familien (4 Tage à gut 3 Std. Marsch):
1.Tag: Solothurn – Verenaschlucht – Talstation (Gondelbahn) Weissenstein – Welschenrohr – (Postauto) Balsthal.
2. Tag: (Postauto) Passwang – Passwanggipfel – Neuhüsli – (Postauto)  Beinwil.
3. Tag: (Postauto)  Breitenbach – Chaltbrunnental – Grellingen – (Zug)  Laufen.
4. Tag: (Postauto)  Blauen – Metzerlenkreuz – Mariastein – (Postauto Basel, Zug Bern)

Uebernachtungsempfehlung: Hotel Kreuz in Welschenrohr;  Hotel Balsthal in Balsthal; Oekumenische Gemeinschaft Kloster Beinwil; Hotel Central in Laufen; Kloster Mariastein oder JH Burg Rotberg in Mariastein; Kloster Dornach.
Karten: LK 1:50‘000 Bl. 223 Delémont, Bl. 213 Basel. Unbedingt mitnehmen, Markierung teilweise ungenügend.
Saison: Nach und vor dem Schnee. Auch im Sommer empfehlenswert (Waldschatten, Bach); besonders schön im Herbst (bunte Bäume, Weitsicht).

Marie-Louise Zimmermann
(erschienen in der Berner Zeitung vom 29.7.2015)